Die Meldungen wirken wie ein Echo durch die Wirtschaft: Kündigungsrunden, Einstellungsstopps, tiefgreifende Personalmaßnahmen. Jeder Stellenabbau führt zu Veränderungen im Unternehmen, mal verläuft ein Stellenabbau lauter, manchmal leiser.
Wer Personal reduzieren muss, bewegt sich in einem Spannungsfeld aus Recht, Wirtschaftlichkeit, Akzeptanz und Menschlichkeit. Nachfolgend einige Überlegungen hierzu:
Bevor auch nur ein Wort gegenüber Gremien oder Belegschaft fällt, beginnt die eigentliche Arbeit: Eine sorgfältige Analyse und Planung.
- Welche Ziele verfolgt die Maßnahme?
- Wie ist die wirtschaftliche Lage – und welche Effekte werden erwartet?
- Welche organisatorischen Alternativen existieren?
- Welche Kosten entstehen?
- Und: Wer muss wann informiert und einbezogen werden?
Eine anonymisierte Stellen- und Mitarbeiterliste, ein verbindlicher Zeitplan und eine klar definierte Kommunikationsstrategie gehören zu den Fundamenten. Besonders wichtig: Die Reihenfolge der Informationen. Grundsätzlich dürfte es sinnvoll sein, die verschiedenen Gremien möglichst zeitgleich bzw. möglichst zeitnah zu informieren, wobei die Informationen identisch sein sollten.
Spätestens wenn ein Unternehmen ernsthaft eine Betriebsänderung durch Personalabbau erwägt, beginnt die Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat. Das bedeutet nicht, dass schon vage Ideen geteilt werden müssen – zu frühe Kommunikation kann Unruhe stiften und Verhandlungen erschweren.
Im richtigen Moment jedoch müssen alle Karten auf den Tisch: Ursachen, Umfang, wirtschaftliche Notwendigkeit und geplante Umsetzung. Je vollständiger die Unterlagen, desto geringer das Risiko von Verzögerungen aufgrund von Rückfragen.
Hilfreich ist es, bereits mit der Einladung zur Unterrichtung konkrete Verhandlungstermine vorzuschlagen und – wenn möglich – eine Verhandlungsvereinbarung zu treffen, die Abläufe strukturiert und Zeit spart.
In der Beratungs- und Verhandlungsphase treffen unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Betriebsräte bringen häufig eigene Konzepte ein, die sorgfältig geprüft werden müssen. Unternehmen sind gut beraten, Alternativvorschläge im Vorfeld zu antizipieren und fachlich fundiert begründen zu können, warum bestimmte Wege nicht gangbar sind. Die Betriebsräte sind an den betrieblichen Abläufen häufig näher dran als die Geschäftsleitung. Deswegen sollten konstruktive Vorschläge der Betriebsräte nicht von vorne herein „abgetan“ werden.
Zentral ist eine schnelle Hinwendung zu konkreten Entwurfsdokumenten – insbesondere Interessenausgleich und Sozialplan. Ohne greifbare Texte gibt es keine ernsthaften Verhandlungen, und die zeitlichen Risiken steigen.
Sollte ein Stellenabbau nicht vollständig freiwillig gelingen, kommt es auf rechtssichere betriebsbedingte Kündigungen an. Die Grundlage: Eine klare unternehmerische Entscheidung, die den zukünftig benötigten Personalbedarf beschreibt – nicht den Wunsch, einzelne Personen loszuwerden.
Diese Entscheidung muss ein schlüssiges Organisationskonzept enthalten, das im Kündigungsschutzprozess Bestand hat. Die Arbeitsgerichte prüfen die Kündigungen nicht auf deren wirtschaftliche Zweckmäßigkeit, sondern streng an den gesetzlichen Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes sowie etwaig weiter einschlägiger Gesetze.
Daher muss das Unternehmen auch klären, ob andere Beschäftigungsmöglichkeiten existieren – etwa durch Versetzung, Umschulung oder frei werdende Stellen.
Steht fest, wie viele Stellen entfallen müssen, entscheidet die Sozialauswahl. Bewertet werden dabei Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung.
Ein Punkteschema hilft, die Entscheidung nachvollziehbar und rechtssicher zu gestalten. Leistungsträger können unter bestimmten Bedingungen von der Auswahl ausgenommen werden – aber nur mit nachvollziehbar begründeten betrieblichen Interessen.
Wenn ein Betriebsrat existiert und eine Betriebsänderung vorliegt, müssen Arbeitgeber ernsthaft einen Interessenausgleich anstreben. Geschieht das nicht, drohen:
- Nachteilsausgleichsansprüche der Arbeitnehmer
- Einstweilige Verfügungen, die Maßnahmen stoppen können
- Ordnungswidrigkeitenverfahren
Zeitgleich wird der Sozialplan verhandelt – und anders als der Interessenausgleich kann dieser in der Einigungsstelle erzwungen werden. Darin werden z. B. Abfindungen, Härtefallregelungen, Sprinterprämien oder Rentenübergangsmodelle festgelegt.
Zu empfehlen ist jedenfalls, bei solchen Verhandlungen nicht nur auf Standardformeln zurückzugreifen, sondern die konkreten betrieblichen Besonderheiten zu berücksichtigen.
Neben diesen dargestellten Grundsätzen gibt es natürlich auch die Möglichkeit, mit Beschäftigten einvernehmliche Regelungen über deren Ausscheiden zu treffen. Dies geschieht mithin dann in entsprechenden Aufhebungsverträgen.
Welches Vorgehen im Einzelfall praktikabel ist, sollte stets gründlich durchdacht werden. Wichtig ist, möglichst früh mit der Entwicklung einer klaren Strategie zu beginnen, Alternativen zu prüfen und die Unterlagen für eine offene Kommunikation gründlich vorzubereiten – wir helfen Ihnen und unterstützen Sie!
Rechtsanwalt Volker Nann
November 2025
